Endlich kommt sie, die Neue Mittelschule. Eben noch unversöhnlich gegenüberstehend, haben sich die Kontrahenten SPÖ und ÖVP nun endlich auf eine Kompromissformel geeinigt und so scheinbar den Weg hin zur Lösung aller anstehenden Probleme unseres Bildungssystem geebnet. Die methodischen Schwächen der Pisa-Studie und was sie aussagen kann und was nicht, wurde schon öfter thematisiert. Was sie in jedem Fall darstellt, ist eine Untersuchung eines staatlichen Schulsystems. Diese simple Tatsache kam in den aktuellen Debatten jedoch nie zur Sprache.
Wenn die schulische Situation wirklich so schlimm ist, wie sie dargestellt wird, dann stehen wir vor den Trümmern eines staatlichen Bildungssystems, in das eine Unmenge an Steuergeld fließt und das nicht annähernd den Erwartungen entspricht. Die Antwort auf das Versagen staatlicher Handlungen entspricht einer langen etatistischen Tradition und heißt mehr, oder in seiner abgeschwächten Form, einen anderen Staat. Alternative Ideen, das heißt private Ansätze zu fördern, werden konsequent ausgeblendet, da das doch den Einflussbereich der Politik massiv einschränken würde.
Es ist permanent die Rede von “notwendiger Modernisierung” oder von “zeitgemäßen Reformen”, die endlich im Bildungssystem Platz greifen sollten. Die einzig wirklich zeitgemäße Diskussion wäre, ob unsere Gesellschaft nicht reif dafür ist, eine völlige Privatisierung und Liberalisierung des Bildungssektors auszuhalten. Diese Liberalisierung sollte auch ein Weggehen von der bestehenden Unterrichtspflicht beinhalten, handelt es sich doch dabei um einen massiven Eingriff in die Privatsphäre einer jeden Familie. Unter Umständen würde man am Ende der Diskussion zu dem Ergebnis kommen, dass die Zeit für so einen radikalen Schritt noch nicht reif ist. Zeitgemäß wäre die Diskussion aber allemal.
Ganz im Gegensatz zu den derzeit diskutierten Fragen. Statt Aufhebung der faktischen Schulpflicht eine Ausweitung auf ein verpflichtendes Kindergartenjahr. Statt tatsächlich nachgefragten Schultypen von Politikern bestimmte Schulversuche. Verstecken hinter Strukturfragen, anstatt über Lehrinhalte zu diskutieren. Streitereien mit Lehrergewerkschaften anstatt einen Wettbewerb zwischen unabhängigen Schulen um die besten Köpfe zu forcieren.
All das zeigt, dass falsche Antworten auf falsche Fragen gestellt werden. In der Diskussion sollten nicht einzelne Problemfelder herausgegriffen, sondern das gesamte öffentlich-gesteuerte Bildungssystem in Frage gestellt werden. Ziel sollte das Zulassen freier Bildung für freie Individuen in einer freien Gesellschaft sein. Da so ein Schritt jedoch auch das Ende der Möglichkeit politischer Einflussnahme beinhaltet, darf der freiheitsliebende Bürger wohl nicht sehr optimistisch sein.
Diese Thesen lassen sich so a priori nicht beantworten oder als Lösungsweg akzeptieren. Der einzige Lösungsansatz für ein Bildungssystem kann doch nur sein, was will eine Gesellschaft in Zukunft erreichen, wie soll das aussehen , was muss der Einzelne in dieser Gesellschaft können und welche Wege sind dahin zu beschreiten. Es ist ja seit Menschen denken normal, dass in einer Gesellschaft diese für die Bildung ihrer Bürger Verantwortung trägt. Wie die Wahrnehmung dieser Verantwortung gestaltet wird, lässt sich tatsächlich nicht durch wildgewordene Kleinbürger der unterschiedlichsten Klassen und Schichten und jede für sich gestalten, sondern nur im gesellschaftlichen Kontext.
Dafür gibt es weltweit gute Beispiele und weniger erfolgreiche. Das ein Land wie Österreich für sich in Anspruch nehmen wollen möchte nach dem Prinzip „man nehme“ zu handeln, entspricht der angemerkten kleinbürgerlichen Ausweglosigkeit und dem daraus entspringendem Allmachtsdenken.
Für „Bildungsreformer“ lohnt es schon das dänische oder schwedische Bildungssystem anzuschauen und zu ergründen, warum man dort erfolgreicher ist als anderswo.
Kommentar von Lutz Körner — Februar 18, 2009 @ 3:10 pm |