ICH BIN SO FREI. Freiheit – Verantwortung – Eigentum – Politically Incorrect

April 24, 2008

Föderalismus? Ja bitte, aber richtig!

Filed under: österreichische Innenpolitik,liberale Theorie — Patrick Minar @ 10:20 pm

Der österreichische Föderalismus genießt formalrechtlich eine besondere Stellung, wird doch bereits im zweiten Artikel der Bundesverfassung darauf verwiesen. Ebenso wäre bei einer Änderung des bundestaatlichen Charakters Österreichs eine Volksabstimmung notwendig, da es sich dabei um eine „Gesamtänderung“ der Verfassung handeln würde. Andererseits gibt es kaum eine politische Debatte, in der nicht auf die großen Nachteile der Zergliederung Österreichs, auf den Kompetenzdschungel und auf die große Ineffizienz unseres Föderalismus hingewiesen wird. Egal, ob Gesundheitsreform oder Bildungsdebatte, irgendwann gelangt die Auseinandersetzung immer an dem Punkt, wo zentral geplante Vernunft an althergebrachten Landesgrenzen zu scheitern scheint. Modern und pragmatisch denkende Zentralisten gegen sture Landesfürsten, so heißt offenbar das Match der Stunde.

Wie so oft liegt der Teufel im Detail. Zum einen ist es ein Totschlagargument zu sagen, für ein Land wie Österreich sind neun Bundesländer einfach zu viel. Mit selber Logik könnte ein Franzose sagen, ein Land von der Größe Österreichs ist irgendwie sinnlos. Zweitens ist klar, dass politische Entscheidungen immer dann besser sind, je näher die Entscheidenden an jenen dran sind, die mit diesen Entscheidungen leben müssen. Diese subsidiäre Sichtweise steht zwar in vielen EU-Dokumenten und politischen Programmen, wird jedoch nur höchst selten angewandt.

Die Kritiker an der derzeitigen Föderalismusrealität haben in gewissen Dingen natürlich recht. Zu kritisieren ist jedoch die konkrete Ausformung unseres Bundesstaates, nicht das Konzept des Föderalismus insgesamt. Unser System macht es nämlich möglich, dass Landespolitiker nur für die positiven Dinge zuständig sind , z.B. Subventionen verteilen, Straßen bauen, Lehrerposten vergeben, der Bund jedoch für den gesamten unangenehmen Rest, wie Steuern einheben oder die Lehrer zu bezahlen, die das Land einstellt. Dieser Föderalismus Marke Österreich ist weder Fisch noch Fleisch. Teuer, langsam und reformresistent sind tatsächlich die derzeit typischen Wesensmerkmale unserer bundesstaatlichen Struktur.

Die Antwort drauf in zentral geplanten und bundeseinheitlich festgeschriebenen Lösungen zu suchen ist jedoch der falsche Weg. Was ist so schlecht an neun verschiedenen Bauordnungen? Oder was wäre so schlecht an neun verschiedenen Schulwesen? Gerade in einem kleinen Land wie Österreich könnte ein tatsächlicher Föderalismus ein gewaltiges Schwungrad für mehr Innovation, mutige Entscheidungen und Bürgernähe sein, da es relativ einfach ist, den Wohnort zu wechseln. Der größte Profiteur eines scharfen Wettbewerbs zwischen den Bundesländern, samt Steuerwettbewerb, wäre der Bürger. Denn kleine staatliche Einheiten wären gezwungener Maßen freie Volkswirtschaften mit großem Druck zu bürgerfreundlichen Verwaltungsstrukturen. Historische Vorbilder dafür gibt es genug: Dass der Beginn kapitalistischer Wohlstandsvermehrung unter den Bedingungen extremer politischer Dezentralisierung in den norditalienischen Stadtstaaten, im südlichen Deutschland und in den sezessionistischen Niederlanden stattfand, war ebenso wenig Zufall, wie der kulturelle und ökonomische Aufschwung Deutschlands im 19. Jahrhundert vor der Reichseinigung.

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