Dass Propheten im eigenen Land nichts wert sind, ist eine alte Weisheit. Dennoch würde es sich lohnen von Zeit zu Zeit in die eigene Geschichte zu blicken, da man dort mitunter Erhellendes finden könnte. In Zeiten der globalen Wirtschaftskrise sind die einen schnell mit falschen Analysen – der böse Markt war´s – die anderen falsch mit schnellen Lösungen – die Konjunkturprogramme werden´s richten.
Schade, dass man sich oft mit solchen Falschheiten zufrieden gibt, bietet die weltweit bekannte Österreichische Schule der Nationalökonomie doch eine schlüssige und von der Mainstreamökonomie nicht widerlegte Theorie, warum es zu den immer wieder auftretenden Schwankungen im Wirtschaftsleben kommt.
Einer der großen Vertreter dieser Schule und vielleicht wichtigste Ökonom aller Zeiten, Ludwig von Mises, erarbeitete als erster in seinem Werk „Theorie des Geldes und der Umlaufmittel“ im Jahr 1912 diese Konjunkturzyklus-Theorie. Ging man bis dahin, und heute wieder, davon aus, dass die Konjunkturzyklen eine Art unausweichliche naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeit darstellen, stellte von Mises die Sache richtig: der Ausgangspunkt eines jeden Zyklus´ stellt immer der Eingriff der Politik in den Markt dar. Genau gesagt, geht es um die willkürliche Senkung der Zinssätze durch die Notenbanken, die dadurch ein bestimmtes politisches Vorhaben unterstützen wollen, z.B. den Konsum ankurbeln. Durch diesen Eingriff kommt es zur Verfälschung der Aussagekraft der Preise, was eine Fehlallokation von Ressourcen zur Folge hat. Unternehmer werden durch falsche Anreize zu Investitionen motiviert, für die am freien Markt keinerlei Begründung gegeben ist.
Diese Zinssenkung ist die Initialzündung für eine Boomphase, wie wir sie schon oft erleben konnten – zuletzt beim Immobilien-Boom. Um den künstlichen Fortschritt am Laufen zu halten, muss die Politik dafür sorgen, dass durch Ausweitung der Geldmenge und weiteren Zinssenkungen den fehlgeleiteten Investoren nicht die Liquidität ausgeht.
Früher oder später muss diese nicht-werthaltige, künstliche Scheinwelt in sich zusammenbrechen, oder besser gesagt, wieder korrigiert werden. Wer das nicht zulässt, so wie wir das heute beobachten können, und Konkurse durch wieder neues Geld verhindern will, zögert den finalen Crash nur hinaus und macht ihn schlimmer. Zu verhindern ist er nicht.
Den einzigen Vorwurf, den man den Austrians machen kann, ist den Ideenreichtum unterschätzt zu haben, den die Politik und deren ökonomischen Erfüllungsgehilfen an den Tag legen, immer neue Methoden zu erfinden, um Schulden zu verstecken und die Menschen in Scheinsicherheit zu wiegen.
Inhaltlich sind die Lehren von Mises und Hayek von Anhängern des Interventionismus bis heute nicht widerlegt. Höchstens politisch abgelehnt. Aus Sicht der politischen Akteure ist diese Ablehnung nachvollziehbar, da sie der Politik einer der Existenzgrundlagen entzieht: Die Steuerung des Wirtschaftssystems und des menschlichen Handelns zur Erreichung bestimmter politischer Ziele.
Sich als Politiker damit abzufinden, dass man mit einem solchen Zugang immer wird scheitern müssen, ist eine Hürde, an der die meisten scheitern. Deshalb hängt man lieber falschen Propheten nach, die Scheinlösungen bieten und die Legitimation für politisches Handeln liefern. Auch wenn es am Ende immer schief geht.
Ganz ehrlich glaub ich nicht daran, dass Herr v. Mieses der wichtigste Ökonom war, ja nichteinmal der wichtigste Österreichische Ökonom. Die Frage, die sich mir bei der Österreichischen Theorie der Konjunkturzyklen immer schon gestellt hat: Warum sollen die Agenten im Wirtschaftssystem so deppert sein, wo die Unternehmer sonst so schlau sind. Das ist irgendwie ein Wiederspruch. Sie sollten den staatlichen Betrug doch durchschauen und sich nicht darum kümmern.
Die ursprüngliche österreichische Theorie des Konjunkturzyklus scheint mir nahezulegen, dass unregulierte Finanzsysteme anfällig für Booms und Zusammenbrüche sind. Dies scheint insbesondere auch für Goldstandardsysteme zuzutreffen – weil dies der Rahmen der Theorie in den 20ern und 30ern war. Das heisst aber dass Kapitalmarktfehler vorliegen müssen und/oder die Agenten ziemlich irrational bezüglich des Regierungshandelns sind: insbesondere die Unternehmer und die Banker. Beides legt nahe, dass es keine Garantie dafür gibt, dass (insbesondere intertemporale) Marktprozesse irgendwie optimal wären.
Allerdings ist dieser Mechanismus nicht zentral für eine Erklärung von Rezessionen wie Gordon Tullok, Milton Friedman und später mitdenselben Argumenten Krugman und Bryan Caplan argumentiert haben. Denn die Frage ist nicht warum Investitionen fallen sondern warum der Fall der Investitionen Arbeitslosigkeit auslöst. In der Österreichischen Theorie – wenn Says Law gilt – sollten über den Konjunkturzyklus Konsum und Investitionen negativ korelliert sein. Der Investmentboom führt zu geringem Konsum und umgekehrt. Insolvenzen sollen auftreten aber kein wesentlicher Anstieg der Arbeitslosikeit. Leider ist es in der Realität anders: Investitionen und Konsum sinken in der Rezession & dies generiert Arbeitslosigkeit.
Der erste Teil der Erklärung – Instabilität des Finanzsystems – kann aber – wie Hyman Minsky gezeigt hat – mit einem genuin keynesianischen Modell von gleichgewichtiger Arbeitslosigkeit in Verbindung gebracht werden.
Insgesamt war die Verbindung von guter Theorie in den 20er und 30er Jahren in Verbindung mit Vorurteilen gegen Staatseingriffe ein Rezept für ein wirtschaftspolitikdesaster in den 30er Jahren. Die Reputation von Hayek und v. Mieses als Ökonomen hat sich davon nie wirklich erholt. Heute ist Hayek als politische Autor relevanter. Zusätzlich aufgepeppt mit der apriorischen Methodologie war die amerikanische Mieseanische Schule für wissenschaftliche Stagnation und Sektierertum prädistiniert.
LG
Kommentar von nackenstütze — Mai 13, 2009 @ 1:47 am |
Naja, wenn das gesamte System auf die staatliche Intervention aufgebaut ist (Geldmonopol, Zentralbanksystem, Geldschöpfung „aus dem Nichts“, dann verhält sich nur rational, wer mit dem System mittut. Es ist schon auch eine Frage der Anreizsysteme. Wenn der Staat falsche Anreize setzt und diese auch noch mit Garantien bereichert, muß man ja geradezu mittung.
Kommentar von Rainhard Kloucek — Juni 21, 2009 @ 7:47 pm |