ICH BIN SO FREI. Freiheit – Verantwortung – Eigentum – Politically Incorrect

September 17, 2013

Gretchenfragen an die Parteien – Entscheidungshilfen für die Wahl 2013

Wie schon im Vorfeld der Nationalratswahl 2008 habe ich mich auch heuer wieder mit ein paar Fragen an die bundesweit kandidierenden Parteien gewandt. Ich habe dieselben Fragen wie damals gestellt, da sie aus liberaler Sicht sehr grundlegende Aspekte behandeln und damit nichts an Aktualität eingebüßt haben. Wie schon 2008 geschrieben, finde ich das Nachfragen bei Begriffen, die von Politikern sehr oft benutzt werden sehr hilfreich, um das dahinter liegende Politikverständnis zu beleuchten.

Die Fragen lauteten:

a) Wie definieren Sie die Begriffe „Freiheit“ und „Verantwortung“?

b) Was ist Ihre Haltung zum Begriff „Eigentum“ bzw. „Eigentumsrecht“ und aus welchen Gründen halten Sie Eingriffe ins Eigentumsrecht für gerechtfertigt.

c) Wie definieren Sie die Begriffe „Gerechtigkeit“ und „soziale Gerechtigkeit“ bzw. worin sehen Sie den Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen?

d) Wie definieren Sie die Begriffe „Marktwirtschaft“ und „soziale Marktwirtschaft“ bzw. worin sehen sie den Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen?

e) Besteht Ihrer Meinung nach ein Zusammenhang zwischen dem Phänomen der steigenden Preise und der ständigen Ausweitung der Geldmenge durch die Zentralbanken? Wenn ja, welcher?

f) Wie beurteilen Sie die Erkenntnisse des Ökonomen John M. Keynes und wie steht Ihre Partei zu seinen zentralen Positionen?

g) Wie beurteilen Sie die Erkenntnisse des Ökonomen Friedrich v. Hayek und wie steht Ihre Partei zu seinen zentralen Positionen?

Antworten:

  • Die ÖVP hat bestätigt, dass die Antworten von 2008 noch aktuell sind. Die Antworten gibt´s hier.
  • FPÖ (nur die Antwort auf die Frage e) wurde gegenüber 2008 verändert)

a) Wie definieren Sie die Begriffe „Freiheit“ und „Verantwortung“? “Freiheit ist unser höchstes Gut. Sie uns und jenen die nach uns kommen zu erhalten, dem gilt unser Streben. Freiheit ist unser höchstes Gut. Freiheit ist der Wille zur Selbstverantwortung, zielt auf Selbstbestimmung und schließt jede Form von Unterdrückung aus. Freiheit und Verantwortung bilden den Kern unserer Individualität. Der Freiheitsbegriff wurzelt in einer idealistischen Weltanschauung und sieht den Menschen nicht auf seine materiellen Gegebenheiten beschränkt. Die Freiheit des Einzelnen findet ihre Grenzen in der Beschränkung der Freiheit des Anderen. Freiheit, Menschenwürde und Demokratie sind Grundlage unserer freiheitlichen Gesinnung und unserer Ordnungsvorstellungen.”

b) Was ist Ihre Haltung zum Begriff „Eigentum“ bzw. „Eigentumsrecht“ und aus welchen Gründen halten Sie Eingriffe ins Eigentumsrecht für gerechtfertigt?  “Privates Eigentum ist Ausdruck der Verwirklichung von Freiheit. Ziel eines freiheitlich geordneten Gemeinschaftslebens ist die bestmögliche Entwicklung aller schöpferischen Kräfte. Der sinnvolle Gebrauch der Freiheit durch alle Bürger kann nur über eine möglichst breite Streuung privaten Eigentums gesichert werden. Der österreichische Staatsbürger muss außerdem die Gewissheit haben, dass ihm im Notfall die Solidargemeinsacht kameradschaftlich zur Seite steht.”

c) Wie definieren Sie die Begriffe „Gerechtigkeit“ und „soziale Gerechtigkeit“ bzw. worin sehen Sie den Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen? “Gerechtigkeit bedeutet die Herstellung von Chancengerechtigkeit. Soziale Gerechtigkeit bedeutet, dass die Solidarität effizient und gerecht ausgeübt wird. Dies erfordert die wirksame Bekämpfung des Missbrauchs von Sozialleistungen.”

d) Wie definieren Sie die Begriffe „Marktwirtschaft“ und „soziale Marktwirtschaft“ bzw. worin sehen sie den Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen? “Wir bekennen uns zu einer sozialen und fairen Marktwirtschaft! Eine soziale Marktwirtschat ist eine mit Spielregeln und geht von der Gleichwertigkeit von Arbeit und Kapital aus. Es gilt daher dem Manchesterliberalismus und dem schrankenlosen Kapitalismus Einhalt zu gebieten.”

e) Besteht Ihrer Meinung nach ein Zusammenhang zwischen dem Phänomen der steigenden Preise und der ständigen Ausweitung der Geldmenge durch die Zentralbanken? Wenn ja, welcher? „Bei der Einführung der Gemeinschaftswährung „Euro“ im Jahr 1999 wurden von den handelnden Politikern aller Mitgliedsstaaten signifikante Fehleinschätzungen über geld- und währungspolitische Zusammenhänge und damit falsche Entscheidungen über Art und Umfang der Währungsunion getroffen. Basierend auf einem unangebrachten politischen Anspruchsdenken wurde der aktuelle Stand der Wirtschaftswissenschaft ignoriert (vgl. die Verleihung des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften 1999 an den kanadischen Ökonomen Robert Mundell für seine „Theorie optimaler Währungsräume“) und – in negativer Auslegung Michail Gorbatschows – in der Währungsunion zusammengepresst, was nicht zusammengehört.

Die realwirtschaftliche Entwicklung der Jahre 1999 bis 2008 zeigte, dass die Nettoempfängerländer innerhalb der Eurozone kurzfristig von stark gesunkenen Zinssätzen profitierten und einen liquiditätsgetriebenen Boom erlebten. Die verfügbaren Mittel wurden aber keineswegs effizient eingesetzt: Irland verschärfte seinen Wettbewerb im Steuerdumping auf Kosten Kontinentaleuropas, in Spanien wurden die Küsten mit Millionen von mittlerweile leer stehenden Wohneinheiten verbaut, und in Griechenland versickerte die Masse der Mittel einfach in dubiosen und korrupten Kanälen. An eine Verbesserung der Produktivität und an einen Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit ging man in den betroffenen Nettoempfängerländern nicht.

Der Offenbarungseid kam mit der Finanzkrise ab 2008. Die unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit wurde durch die teuren, krisenbedingten Stabilisierungsmaßnahmen virulent, da sich wirtschaftlich schwache Staaten mit einer enormen Ausweitung ihrer Staatsverschuldung konfrontiert sahen, mit längerfristig nur geringer Hoffnung auf Rückzahlung. Das dergestalt erhöhte Risiko für Investoren schlägt sich in massiv gestiegenen Zinssätzen nieder. Zur vorübergehenden Abfederung beschlossen die europäischen Regierungen unter Verletzung des Bailout-Verbots der EU-Verträge eine gegenseitige milliardenschwere Hilfe in Form von Kredit- und Haftungsgewährungen.

Diese Umgehung des Bailout – Verbotes hat mit der Einführung des Euro – Rettungsschirmes ESM einen neuen Höhepunkt erreicht und den Umbau der Europäischen Union und insbesondere der Eurozone von einem Staatenverbund hin zu einem Einheitsstaat eingeleitet.Die Beschneidung und letztendlich völlige Aushebelung der Budgethoheit der nationalen Parlamente und die Übertragung der Finanzrechte auf supranationale Institutionen, die wie im Fall des ESM Direktoriums außerdem außerhalb jeglicher demokratischer Legitimation und Kontrolle stehen, ist das Mittel zur Entmachtung der Nationalstaaten.

Die FPÖ erblickt in dieser Entscheidung ein Überwälzen des Risikos auf die wirtschaftlich – noch – potenten Mitgliedsstaaten, wobei die so vorgenommenen Investitionen den Kriterien von Effizienz und Förderung der Wettbewerbsfähigkeit eindeutig abträglich sind. Nach gewissen vorübergehenden Stabilisierungsmaßnahmen ist der für die FPÖ einzig gangbare Lösungsansatz, dass wirtschaftlich schwächere Staaten die Währungsunion verlassen und zu ihren angestammten Währungen zurückkehren – ein Ansatz, der in letzter Zeit von immer mehr Kommentatoren und Wissenschaftlern vertreten wird. Dieser Schritt ermöglicht es den Betroffenen, für ihre jeweiligen Anforderungen maßgeschneiderte Geld- und Währungspolitik zu betreiben, durch Abwertungen ihre wettbewerbs- und produktivitätspolitischen Defizite zu kompensieren und mittelfristig ihre Leistungsbilanz wieder in Ordnung zu bringen, während die wirtschaftlichen Leitnationen der EU die Mittel zur Förderung ihrer eigenen Positionen im globalen Wettbewerb wesentlich produktiver und zum Vorteil aller investieren können. Nicht die schiere Größe der Eurozone entscheidet über ihren Erfolg, sondern ihre Homogenität und wirtschaftliche Schlagkraft. Diese zu optimieren ist das Ziel der FPÖ.

In der dann modernen wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen und einem optimalen Währungsraum entsprechenden (Hart-)Währungsunion verblieben nach dieser Regelung Deutschland, Österreich, die Niederlande, Luxemburg, Finnland und Slowenien sowie gegebenenfalls Frankreich. Dänemark und Schweden wären Kandidaten, dieser Währungsgeimschaft beizutreten. Alle anderen Staaten haben diese zumindest vorübergehend zu verlassen, besitzen jedoch die Aussicht, nach umfassender ökonomischer Rekonvaleszenz einen Antrag auf Wiederaufnahme zu stellen. Die geld- und währungspolitischen Organe der EU sind entsprechend anzupassen.“

f) und g) Wie beurteilen Sie die Erkenntnisse des Ökonomen John M. Keynes und wie steht Ihre Partei zu seinen zentralen Positionen?
Wie beurteilen Sie die Erkenntnisse des Ökonomen Friedrich v. Hayek und wie steht Ihre Partei zu seinen zentralen Positionen? “
Die wirtschaftspolitische Umsetzung neoliberalistischer und monetaristischer Strömungen erwies sich historisch nur für ein dominantes Leitwährungsland wie bspw. die USA oder im europäischen Raum die BRD zwischen 1973 und 1992 als gangbarer Weg. Unter den modernen Rahmenbedingungen offener Kapitalmärkte und des ungezügelten internationalen Wettbewerbs zeitigen sie vor allem eine unerwartet starke und unsoziale Umverteilungswirkung von Arm zu Reich und führen zu teils extremen ökonomischen Schieflagen mit einer dramatischen Entwicklung bei öffentlicher und privater Verschuldung, Arbeitslosigkeit, Konsumentenvertrauen und sozialer Sicherheit. Die fundamentalistische Ablehnung staatlicher und damit gleichzeitig demokratisch legitimierter Interventionen in das Wirtschaftsgeschehen und das blinde Vertrauen in die Regelungsmacht des Marktes erweisen sich zunehmend als ungeeignetes Konzept, den Anforderungen an moderne Wirtschaftspolitik gerecht zu werden. Wenigen Gewinnern des Systems steht eine Masse an um ihre Hoffnungen gebrachten Verlierern gegenüber, die sich irgendwann durch extremistische Strömungen destabilisierend auf das politische System auszuwirken droht. Neoliberalismus und Monetarismus zeigen eine antidemokratische Tendenz und führen zu weit reichender Beschneidung demokratisch legitimierter und politisch motivierter öffentlicher Eingriffsmöglichkeiten. Sowohl aus gesellschaftlichen als auch aus politisch-patriotischen Gründen sind der Neoliberalismus und der Monetarismus abzulehnen. Die österreichische Politik hat nicht nur die wesentliche Aufgabe, das Land und seine Bevölkerung bestmöglich vor den nachteiligen Auswirkungen fehlgeleiteter Ideologien zu schützen, sondern auch international und auf unionseuropäischer Ebene weitere ´Liberalisierungsschritte´ mit beschriebenem potentiell gefährlichen Hintergrund zu verhindern. Im Gegensatz dazu wird der Keynesianismus nur allzu leicht zu dem Zweck missbraucht, Sozialleistungen zulasten jüngerer Generationen zu finanzieren. Auch mit interventionistischer Politik, die hauptsächlich auf zusätzliche Staatsverschuldung ausgerichtet ist, wird es nicht gelingen, für die Arbeitslosen in Österreich und Europa eine adäquate Vollbeschäftigung zu generieren. Im Sinne der Nachhaltigkeit strebt die FPÖ daher ein ausgeglichenes Budget über den Konjunkturzyklus an.”

 

  • BZÖ (2008 gab es keine Antworten):

a) Wie definieren Sie die Begriffe „Freiheit“ und „Verantwortung“? „Das BZÖ versteht „Freiheit“ im Sinne von Friedrich August von Hayek, nämlich ist für uns Freiheit ein „Zustand, in dem ein Mensch nicht dem willkürlichen Zwang durch den Willen eines anderen oder anderer unterworfen ist. Verantwortung“ heißt für uns, die Folgen eigener Handlungen abzuschätzen und gegeben Falls auch dafür geradezustehen.“

b) Was ist Ihre Haltung zum Begriff „Eigentum“ bzw. „Eigentumsrecht“ und aus welchen Gründen halten Sie Eingriffe ins Eigentumsrecht für gerechtfertigt? „Für das BZÖ ist betreffend den Begriff „Eigentum“ die Definition aus Gablers Wirtschaftslexikon maßgeblich, wonach „Eigentum die Herrschaft über Sachen und andere Vermögensgegenstände zwischen Personen abgrenzt.“ Demnach dient das „Eigentumsrecht“ dem Schutz des Individualeigentums vor fremden Zugriff.“

c) Wie definieren Sie die Begriffe „Gerechtigkeit“ und „soziale Gerechtigkeit“ bzw. worin sehen Sie den Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen?„Gerechtigkeit ist der feste und dauernde Wille, jedem sein Recht zuzuteilen.“ Ulpian. „Soziale Gerechtigkeit“, also eine für den Großteil der Bevölkerung als gerecht empfundene Verteilung kann für das BZÖ nur durch faires Teilen und nicht durch Umverteilen erreicht werden.“

d) Wie definieren Sie die Begriffe „Marktwirtschaft“ und „soziale Marktwirtschaft“ bzw. worin sehen sie den Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen? „Für das BZÖ ist der Begriff „Marktwirtschaft“ untrennbar mit dem Begriff „frei“ verbunden, der Staat sollte so wenig wie möglich und nötig in diese „hineinregieren“. „Soziale Marktwirtschaft“ heißt für das BZÖ allernotwendigste staatliche Eingriffe in eine „freie Marktwirtschaft“ um unerwünschten Effekten des Marktes entgegenzusteuern.“

e) Besteht Ihrer Meinung nach ein Zusammenhang zwischen dem Phänomen der steigenden Preise und der ständigen Ausweitung der Geldmenge durch die Zentralbanken? Wenn ja, welcher? „Teilweise,  denn das volle Ausmaß einer expansiven Geldpolitik wird  aufgrund der Überkapazitäten des produktiven Sektors von entwickelten Industrieländer teilweise kompensiert.“

f) Wie beurteilen Sie die Erkenntnisse des Ökonomen John M. Keynes und wie steht Ihre Partei zu seinen zentralen Positionen? „Interessant, es zeigt sich aber, dass jede Politik, die sich an seinen Erkenntnissen orientiert, in einer erheblichen Staatsverschuldung endet, ohne das seiner Theorie nach damit verbundene Wirtschaftswachstum tatsächlich zu erreichen. Dies liegt möglicherweise aber auch daran, dass entgegen Keynes Theorie, in Zeiten von Hochkonjunktur, die während der rezessiven Phase angehäuften Schulden nicht zurückgezahlt werden.“

g) Wie beurteilen Sie die Erkenntnisse des Ökonomen Friedrich v. Hayek und wie steht Ihre Partei zu seinen zentralen Positionen? „Friedrich August von Hayek unterscheidet nicht umsonst ein Nobelpreis von John M. Keynes. ;-)“

 

  • Von der SPÖ liegt keine aktuelle Reaktion vor, die Antworten von 2008 sind hier zu finden.
  • Ebenfalls keine Reaktion gab es bisher von Grüne, Neos und KPÖ.
  • Team Stronach und Piraten haben um Geduld gebeten und darauf verwiesen, zu einem späteren Zeitpunkt antworten zu wollen.

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