ICH BIN SO FREI. Freiheit – Verantwortung – Eigentum – Politically Incorrect

Juni 17, 2008

Szenen aus der Brüsseler Sandkiste

Filed under: Europa,linke Irrungen — Patrick Minar @ 3:34 pm

Hat man das Vergnügen kleine Kinder zu haben, kann man interessante soziologische Parallelen zwischen dem Verhalten kleiner Kinder und jenem der großen Politiker erkennen. Das skandalöse irische „Nein“ zum europäischen Verfassungsvertrag zeigt dieses gemeinsame Sandkisten-Gehabe wieder deutlich.

Kleine Kinder, die zusammen in der Sandkiste spielen, stehen, auch wenn sie sich bestens verstehen, permanent nur einen kleinen Schritt vor einem mittelschweren Konflikt. Es reicht das un- oder absichtliche Zerstören einer Sandburg (siehe EU-Verfassung) oder das Wegnehmen des Jausenbrotes (siehe Kürzung der Agrarsubventionen) und schon werden aus friedlich miteinander spielenden Kindern weinende Streithanseln. Die Möglichkeiten der Konfliktaustragung sind vielfältig. Allesamt werden sie aber von Erwachsenen eher  als unreif oder kindlich angesehen. Sieht man sich die Reaktionen der Politiker auf das Votum der Iren an, sieht man jedoch, dass so ein großer Unterschied nicht besteht.

Bei den circa Dreijährigen scheint die heftigste, nicht gewaltsame Sanktion, die sie in diesem Alter setzen können, das Ausladen vom nächsten Kindergeburtstag zu sein: „Du bist zu meiner Party nicht mehr eingeladen. Bäh.“ Dem entspricht in etwa der europäische Vorschlag nun ein EU-Kerneuropa zu bilden. Wir fragen die Bevölkerung und wenn diese sagt, was wir wollen, können wir uns auf ihre Unterstützung berufen. Sagt sie jedoch etwas was uns nicht gefällt, machen wir es trotzdem, nur ohne sie.

Wenn der soziale Ausschluss in der Sandkiste nicht das gewünschte Resultat zeigt, greifen viele Kinder zu drastischeren Maßnahmen. Sie nehmen das Sandschauferl und hauen dieses dem Kontrahenten auf den Kopf. Die Idee, Irland nun gleich ganz aus der EU auszuschließen, ist für dieses kindliche Verhalten die Entsprechung auf Brüsseler Ebene. Früher wäre es wahrscheinlich zum Krieg gekommen, heute entledigt man sich auf legistischem Weg, aber dennoch gewaltsam, des unliebsamen Querulanten. Hieß es früher ´Willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein´,  so heißt die zivilisatorische Weiterentwicklung nun „Ausschluss aus der EU“.

Ein besonders gemeines kindliches Verhalten ist zu beobachten, wenn ein Kind dem anderen überlegen ist. Dann kann es dazu kommen, dass das stärkere Kind dem anderen jedes Mal das Jausenbrot wegnimmt, so lange, bis es irgendwann das Brot von alleine hergibt. Das ist aus Sicht des unterlegenen Kindes besonders übel, da das bedeutet, dass es scheinbar über keine wirksame Abwehrstrategie verfügt. Auch dafür gibt es in der Politik eine Entsprechung: Ich frage das Volk einfach so lange, bis endlich das Ergebnis am Tisch liegt, das ich will. Dieses Vorgehen kommt immer wieder zum Einsatz, da es den großen Vorteil hat, dass am Ende doch noch eine (scheinbare) Zustimmung der betroffenen Bevölkerung vorliegt.

Alle derzeit diskutierten Vorschläge, wie man nun mit dem „Nein“ Irlands umgehen soll, sind aus vielen demokratiepolitischen und rechtsstaatlichen Gründen hochproblematisch. Egal, wie man inhaltlich zum EU-Verfassungsvertrag steht: Man kann nicht festlegen, dass der Vertrag die Zustimmung aller Mitglieder braucht und monatelang erklären, dass ohne diesen Vertrag die EU nicht mehr handlungsfähig ist, um dann nach einem „Nein“ erst Recht alles dafür zu tun, dass der Vertrag trotzdem in Kraft treten kann.

Natürlich kann man das machen. Die zwingende Konsequenz ist halt wieder einmal steigende Politikverdrossenheit und die Flucht zu den Nichtwählern, oder zu politischen Extremisten. So wie sich die europäischen Eliten nun geben, behält Nicolás Gómez Dávila recht, der meinte: „Dem Demokraten genügt es nicht, dass wir respektieren, was er mit seinem Leben machen will, er verlangt darüber hinaus, dass wir respektieren, was er mit uns machen will.“

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