ICH BIN SO FREI. Freiheit – Verantwortung – Eigentum – Politically Incorrect

Juli 30, 2008

Meinl: Politiker entdecken Kleinanleger

Es ist schon viele Jahre her, als der bundesdeutsche Aktienrechtsprofessor Marcus Lutter in einem Vortrag in Wien davor gewarnt hat, dass im Fall der rechtlichen Insuffizienz der Aktionärsklage der Ruf nach dem Aktienamt ertönen werde. Wie wahr: Erst vor wenigen Tagen bedienten sich Finanzstaatssekretär Matznetter und SPÖ-Justizsprecher Jarolim der Diskussionen rund um die Meinl-Bank, um im Rahmen einer großspurig inszenierten „Meinl-Geschädigtenkonferenz“ einen verbesserten Anlegerschutz durch Ausbau der Finanzmarktaufsicht zu fordern. Mit anderen Worten: Etatistische Politiker gebrauchen Meinl, um nach dem Ausbau der staatlichen Macht zu rufen – an den Selbstschutz der Aktionäre denken sie nicht. Für sie steht der Staat im Mittelpunkt, nicht der Mensch. Überdies ist Wahlkampf: Sage Meinl und treffe Grasser. Nütze den Anlass, mache den Mohren zum Klassenfeind und geriere Dich als Arzt am Krankenbett des Kapitalismus.

Weder dem Kapitalmarkt noch den Anlegern wird durch politische Stimmungsmache ein guter Dienst erwiesen.

Matznetter und Jarolim stehen mit ihrer Philosophie in einer zweifelhaften Tradition. Auch das (deutsche) Aktiengesetz 1937, das in wesentlichen Teilen noch heute bei uns gilt, verachtete den „anonymen Aktionär“ und hielt das „öffentliche Interesse“ hoch (damals „Interesse von Reich und Volk“ genannt). Der Anleger war dem Gesetzgeber verdächtig und ist es auch heute noch. Viele Bestimmungen des Aktiengesetzes benachteiligen den einzelnen Aktionär in gröblicher Weise und machen die Geltendmachung von Ansprüchen unmöglich.

Das Feld, auf dem der Schutz des einzelnen Aktionärs beackert werden könnte, ist groß: Von bedenklichen Streitwerterhöhungsklauseln über hohe Minderheitsschwellen bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen bis hin zu gesetzlich angedrohten Gegenklagen gegen Aktionäre hätte der Gesetzgeber Handlungsbedarf. Seinerzeitiger O-Ton für die Begründung derartiger Klauseln: Man wollte missbräuchliche Klagen vermeiden.

Die Politik muss sich davon lösen, den Aktionär als verruchtes Subjekt zu behandeln. Dazu gehört auch der Mut der Politiker, selbst Aktien zu erwerben und sich, anders als in der Vergangenheit, auch zu seinen Aktien zu bekennen. Aktienkapital ist Risikokapital. Jeder kann gewinnen oder verlieren. Sich an den – selbstredend unsicheren – Chancen des modernen Wirtschaftslebens auch als „kleiner Mann“ zu beteiligen, ist auch eine Errungenschaft unserer offenen Gesellschaft, für die sich niemand zu schämen braucht.

Opferpolitik adelt. Wenn es die Politik mit dem Schutz der Aktionäre tatsächlich ernst meinen sollte, dann ist sie gefordert, das Aktiengesetz im Sinne der Aktionäre zu überdenken. Wer in einem Raum des Parlamentes Anlegerschutz sagt und mehr Staat meint und im anderen Raum dieses Gebäudes Aktionäre als Spekulanten tituliert und sie mit einer Vermögenszuwachssteuer zur Finanzierung von noch mehr Staat belegen möchte, offenbart die Heuchelei seiner Politik.

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