ICH BIN SO FREI. Freiheit – Verantwortung – Eigentum – Politically Incorrect

Juni 29, 2009

Wie im Kindergarten

Filed under: österreichische Innenpolitik,linke Irrungen — Patrick Minar @ 8:31 pm

Endlich ist es soweit! Der Kindergarten ist endlich gratis, das Wundermittel gegen Mütter am Herd und Sprachprobleme. Leider bringen so toll klingende politische Maßnahmen unangenehme Nebenerscheinungen mit sich, doch wen kratzt das schon?

Erstes Problem: Was heißt denn genau „gratis“. Da es ja wohl nicht bedeutet, dass irgendeine Einrichtung für eine Leistung kein Geld mehr verlangt, kann es nur bedeuten, dass die Aufwendungen aus dem Steuertopf kommen werden. Auf Grund der gähnenden Leere der Staatskassen bedeutet der „Gratis“-Kindergarten schlicht nur, dass in den jetzt schon übervollen Schulden-Rucksack, den die Kindergartenkinder bereits jetzt mit sich herumtragen müssen, nochmals was hinein gepackt wird. Die Kinder zahlen sich ihren Kindergartenbesuch also selber – zuzüglich anfallender Zinsen selbstverständlich. Auch eine Form des Generationenvertrages.

Die zweite Nebenerscheinung ist, dass es ab sofort vorbei ist mit der Eigenständigkeit der bisher privat geführten Kindergärten. Um in den Förder-„genuss“ zu kommen müssen sich die Kindergärten nämlich einer Reihe sehr komplizierter Regeln und Vorgaben unterwerfen. Gab es bisher sehr individuelle und unbürokratische Möglichkeiten der Gestaltung des Kindergartenalltages, so gibt es jetzt starre und komplizierte Regeln. Natürlich müsste kein privater Kindergarten hier mitmachen – als betroffenes Elternteil finde ich es auch schade, dass sich praktisch alle diesem neuen Regime unterwerfen – doch die Politik geht so vor wie immer: entweder übt sie unmittelbaren Zwang aus, oder sie setzt so massive Anreize, dass ein ausscheren zu kostspielig erscheint.

Das dritte und vielleicht größte Problem ist der Zwang für das letzte Kindergartenjahr. Dieser letzte Schritt wird über kurz oder lang in allen Bundesländern kommen. Die unmittelbare Auswirkung wird relativ gering sein, da sowieso der Großteil der fünfjährigen einen Kindergarten besucht. Es ist jedoch eine grundlegende Frage. Wie weit darf der Zugriff des Staates auf die Kinder gehen? Warum müssen sich selbst organisierende Kindergruppen im völlig privaten Rahmen, oder kinderreiche Familien, die keinen Bedarf haben, ihre Kinder nun ein Jahr abgeben? Nur weil es derzeit eh schon alle tun, ist ein lächerliches Argument. Mit derselben Begründung könnte man auch das morgendliche Aufstehen gesetzlich vorschreiben. Es tun ja sowieso fast alle.

Die Politik hat es wieder geschafft: Eine Scheinlösung wird auf Kosten freier, politikloser Gesellschaftsräume präsentiert. Koste es, was es wolle. Geld ist abgeschafft.

Langfristig ist klar, was passieren wird: Die ehemals privaten,  nunmehr halb-öffentlichen Kindergärten werden sich in ihrem Niveau den öffentlichen anpassen, woraufhin es wieder neue, unabhängige Kindergärten geben wird. Diese werden dann wohl verboten werden, da es offenbar nichts geben darf, was nicht unter öffentlicher Kontrolle steht. Schade drum.

9 Kommentare »

  1. Wie recht Sie doch haben! Der Staat will eben keine Menschen erziehen, er will Staatsbürger (citoyens) züchten… Die sind halt so viel leichter zu „leiten und lenken“ – sprich: manipulieren…
    Aber aus der Geschichte hat er dabei nichts gelernt: irgendwann bricht sich die Freiheit immer noch ihre Bahn. Nur leider meistens erst nach Millionen Todesopfern…

    Kommentar von Martin Ploderer — Juni 29, 2009 @ 10:48 pm | Antworten

    • Was gibt es gegen den citoyen einzuwenden? Was wäre die Alternative?

      Kommentar von metepsilonema — Juli 22, 2009 @ 7:56 am | Antworten

      • Ganz einfach: die Alternative zum citoyen ist der freie, mündige und verantwortungsbewußte Mensch! Nebenbei ist dieser – zwangsläufig – halt auch citoyen, Staatsbürger, aber das ist eine Nebensache. Die Staaten wollen daraus die Hauptsache machen, siehe oben…

        Kommentar von Martin Ploderer — Juli 31, 2009 @ 10:22 pm

      • Gegen freie, mündige und verantwortungsbewußte Menschen gibt es nichts einzuwenden. Ich verstehe nur nicht was das heißen soll: „der Staat will“. Der Staat ist keine einzelne, handelnde Person. Er kann nichts wollen.

        Ob etwas eine Nebensache sein kann oder nicht, hängt von der Sache selbst ab. In unserem Falle von dem, was alle betrifft (deswegen gibt es ja Staaten). Es geht um etwas wie die Ausgewogenheit (die Abwägung) von Interessen, und damit um die Abstimmung der Freiheitsräume aller. Ich sehe nicht, warum das eine Nebensache sein soll, außer man benutzt den Ruf nach Freiheit, um die Freiheit aller anderen zu verleugnen. Dann sollte man das aber laut und deutlich sagen (das ist kein Vorwurf, allerdings kann ich das ständige ideologische Rekurrieren auf den Freiheitsbegriff nur bedingt nachvollziehen).

        Kommentar von metepsilonema — August 16, 2009 @ 11:55 pm

      • „Der Staat kann nichts vollen“: Das ist Haarspalterei. Natürlich versteht jeder vernünftige Mensch, was es heißt „Der Staat will“: es sind die Amtsträger des Staates, dessen Systemerhalter, die etwas wollen, weil sie meinen, daß der Staat sie erhält. Diese Leute wollen Nummern als Untertanen, keine eigenverantwortliche und unabhängig denkende Menschen, die nicht en bloc zu lenken sind. Das ist in einer Demokratie genauso wahr, wie in einem totalitären System. Die Schlußfolgerung „außer man benutzt den Ruf nach Freiheit, um die Freiheit aller anderen zu verleugnen“ ist eine unzulässige Verkürzung. Verantwortungsbewußte Freiheit respektiert immer auch die Freiheit der Anderen. Auch hat Freiheit nur insofern etwas mit Ideologie zu tun, als sie deren Gegenteil ist, was in Ideologien verhaftete Menschen aber meistens nicht wahrhaben wollen. Freiheit umfaßt sehr wohl auch die Fähigkeit zum Verzicht, aber eben ohne Zwang…

        Kommentar von Martin Ploderer — August 19, 2009 @ 12:30 pm

      • Nein, das ist keine Haarspalterei, weil der Satz „Der Staat will etwas …“ suggeriert, dass hier koordiniert Interessen vertreten werden (Es ist nicht dasselbe ob jemand implizit an der Erhaltung des Status quo interessiert ist oder dies aktiv propagiert – mal abgesehen davon, dass das gar nicht der Fall sein muss). Wenn die Behauptung wahr sein sollte, lässt sich das sicher weiter untermauern …

        Aus zwei Gründen kann der Freiheitsbegriff mit Ideologie zu tun haben:

        a) Freiheit ist ein Konzept, eine Idee, die nicht zwingend ist, und die wir annehmen, aber in letzter Konsequenz nicht beweisen oder widerlegen können. Eine Gruppe von Menschen etwa, die sich in einen Schicksalszusammenhang (z.B. auf Grund von Mythen oder ihres Glaubens) eingebunden fühlt, kennt dieses Konzept möglicherweise nicht oder nur sehr eingeschränkt.

        b) Der Freiheitsbegriff kann genauso dogmatisch erstarren wie Ideologien das bisweilen tun, z.B. wenn jede Antwort auf eine Frage immer in Hinblick auf die Maximierung von Freiheit gegeben wird. Freiheit impliziert für mich immer Kritik und Selbstkritik (und damit Selbstbeschränkung wo notwendig), was ein sich evolutiv entwickelndes und sich verbesserndes System ermöglicht.

        Die Frage auf die es (vermutlich) ankommt: Kann es sein, dass uns gute Gründe dazu bewegen unsere Freiheit einzuschränken (oder Aufgaben an den Staat zu delegieren), weil es im Dienste der Freiheit aller steht, oder diese ermöglicht? Die Antwort auf diese Frage hängt eng mit dem zusammen, was ich oben schrieb: Wer dazu nicht bereit ist, offenbart, dass es ihm nicht an der Freiheit (der anderen), sondern nur an ihm selbst gelegen ist.

        Kommentar von metepsilonema — August 19, 2009 @ 10:35 pm

  2. @Martin Ploder:
    Völlig d’accord, nur würde ich den Begriff „Staatsbürger“ durch das treffendere „Untertanen“ ersetzen …

    Kommentar von LePenseur — Juni 30, 2009 @ 9:24 am | Antworten

  3. @metepsolonema:

    Nein, das ist keine Haarspalterei, weil der Satz „Der Staat will etwas …” suggeriert, dass hier koordiniert Interessen vertreten werden (Es ist nicht dasselbe ob jemand implizit an der Erhaltung des Status quo interessiert ist oder dies aktiv propagiert – mal abgesehen davon, dass das gar nicht der Fall sein muss). Wenn die Behauptung wahr sein sollte, lässt sich das sicher weiter untermauern …

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    Der Staat, das sind Menschen. Menschen, die unterdrücken und gängeln, die scheinlegitim Herschaftsgewalt ausüben. Nur Naivlingen suggeriert eine koordinierte Interessenvertretung.

    Aus zwei Gründen kann der Freiheitsbegriff mit Ideologie zu tun haben:

    a) Freiheit ist ein Konzept, eine Idee, die nicht zwingend ist, und die wir annehmen, aber in letzter Konsequenz nicht beweisen oder widerlegen können. Eine Gruppe von Menschen etwa, die sich in einen Schicksalszusammenhang (z.B. auf Grund von Mythen oder ihres Glaubens) eingebunden fühlt, kennt dieses Konzept möglicherweise nicht oder nur sehr eingeschränkt.

    Aha, die Letztbeweisbarkeit. Bevor Sie damit hausieren gehen, möchte ich anmerken, dass es durchaus freiheitliche Ansätze gegeben hat, die erfolgreich verliefen. Neuseeland 1987 bspw. Die Idee der Freiheit lässt sich logisch und historisch untermauern. Ist es nicht so, dass ein System, das auf Zwang und Gewalt basiert gegenüber einer Ordnung, die darauf verzichtet in der Rechtfertigungspflicht ist und nicht umgekehrt? Als Luftschlösser haben sich hingegen die sozialistischen Großprojekte erwiesen. Ein Konzept in die Nähe einer Ideologie zu setzen, weil es ergebnisoffen ist, jedoch tendenziell mehr positive als negative Ergebnisse hervorgebracht hat, ist schon abenteuerlich genug.

    b) Der Freiheitsbegriff kann genauso dogmatisch erstarren wie Ideologien das bisweilen tun, z.B. wenn jede Antwort auf eine Frage immer in Hinblick auf die Maximierung von Freiheit gegeben wird. Freiheit impliziert für mich immer Kritik und Selbstkritik (und damit Selbstbeschränkung wo notwendig), was ein sich evolutiv entwickelndes und sich verbesserndes System ermöglicht.
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    Kennen ein bessere Ordnung als die Marktwirtschaft, eine Win-Win-Situation auf friedlicher Basis? Es ist schon so, dass derjenige, der Freiheit einschränken möchte, mehr Gründe haben muss als dogmatische. Der Freiheit immanent ist, dass sie den Verzicht willkürlichen Zwangs beinhaltet, was nicht nur positive Auswirkungen haben kann, aber i. d. R. hat. Freiheit ist ergebnisoffen aber trotzdem Zwang und Gewalt vorzuziehen. Ein Dogma setzt den Absoluditätsanspruch durch seine Anhänger voraus, den Sie nur selten bei Liberalen finden werden.

    Die Frage auf die es (vermutlich) ankommt: Kann es sein, dass uns gute Gründe dazu bewegen unsere Freiheit einzuschränken (oder Aufgaben an den Staat zu delegieren), weil es im Dienste der Freiheit aller steht, oder diese ermöglicht? Die Antwort auf diese Frage hängt eng mit dem zusammen, was ich oben schrieb: Wer dazu nicht bereit ist, offenbart, dass es ihm nicht an der Freiheit (der anderen), sondern nur an ihm selbst gelegen ist.
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    Wenn davon auszugehen ist, dass es nur gegenseitige Freiheit und keine begrenzte gibt, dann stellt sich die Frage nicht. Meine Freiheit endet dort, wo die des Nächsten beginnt – das No-Harm-Prinzip. Despoten folgen natürlich einem anderen Prinzip, sie schränken gerne Freiheiten im Sinne eines imaginären Kollektivs ein. Der Zweck heiligt bei ihnen die Mittel und es rollen Köpfe. Selbstverständlich gehe ich dabei von einem eigenutzorientierten Menschen aus.
    Der Staat ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.

    Kommentar von freidenker — August 23, 2009 @ 3:03 am | Antworten

    • Wenn Sie [d]ie Idee der Freiheit […] logisch und historisch untermauern, dann entwickeln Sie eine Ideologie, ein Ideengebäude (das ist ja nicht gleich negativ zu sehen), ich werde nur schnell misstrauisch, wenn man – den Begriff Freiheit im Munde führend – nicht die eigenen Vorstellungen kritisch prüfen will (oder tue ich Ihnen unrecht?).

      Freiheit ist ergebnisoffen aber trotzdem Zwang und Gewalt vorzuziehen.

      Ich halte es für verfehlt, das in dieser Allgemeinheit lösen zu wollen, daher folgendes Beispiel: Regeln und Gesetze sind für eine Gemeinschaft nützlich, weil sie Missbrauch von Macht einschränken und Verbindlichkeiten festlegen. Diese Regeln sind eine Freiheitseinschränkung und selbstverständlich eine Form von (sanftem) Zwang. Warum soll das im Sinne einer Selbstgesetzgebung per se abzulehnen sein? Und warum, wenn man diese Werte teilt, aber nicht selbst mitbestimmen konnte (Ich gebe zu: es müsste eine Ausstiegsmöglichkeit für diejenigen geben, die das nicht wollen)? Und wie können wir auf anderem Weg Schwächere wirkungsvoll schützen, oder unabsichtlich, oder unwissentlich herbeigeführten Schädigungen vorbeugen? Vor allem in Anbetracht des schönen Grundsatzes: Meine Freiheit endet dort, wo die des Nächsten beginnt (er ist, wie gesagt schön, aber meinen Sie ernsthaft, dass er ausreicht?).

      Das Dogma finde ich in ab der Übergangszone zwischen liberalem und libertärem Denken immer häufiger.

      Kommentar von metepsilonema — August 24, 2009 @ 1:19 am | Antworten


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