ICH BIN SO FREI. Freiheit – Verantwortung – Eigentum – Politically Incorrect

Oktober 1, 2009

Eine Stimme der Freiheit weniger

Filed under: österreichische Innenpolitik — Patrick Minar @ 1:32 pm

Die medial verlautbarte Absetzung des bisherigen Chefredakteurs der Wiener Zeitung, Andreas Unterberger, muss jeden liberal denkenden Menschen in Österreich nachdenklich stimmen.  Die heimische Journaille verliert mit ihm immerhin einen der wenigen Kämpfer für mehr individuelle Freiheit, für Marktwirtschaft und gegen Sozialismen aller Art.

Um gleich eines vorweg zu nehmen: Ja natürlich ist Unterberger ein konservativer Mensch, noch dazu ein katholischer. Grund genug für viele, um ihn abzulehnen. Alle jene, die damit ein Problem haben, sollten jedoch nicht übersehen, dass seine aus diesem Wertesystem abgeleiteten politischen Standpunkte nahezu durchgängig lupenrein klassisch liberal sind. Unterberger´sche Sicht auf Staatsaufgaben, Politikverständnis, Individualismusbegriff oder Freiheitsdefinition halten jeder liberaler Kritik stand. Woher sich diese Meinungen ableiten, sollte egal sein. Das Ergebnis zählt.

Es ist ein Treppenwitz heimischer Publizistik, dass unter Unterberger gerade das offizielle Organ der Republik zu einer Bühne für liberale Positionen wurde. Zum einen durch das tägliche „nicht ganz unpolitische Tagebuch“ Unterbergers, zum anderen durch Gastkommentare erhielten die sonst von österreichischen Medien weitgehend ignorierten liberalen Positionen ein Sprachrohr. Es spricht für Unterbergers Korrektheit und gegen seine Kritiker, die das nie wahrhaben wollten, dass er im Rahmen der Gastkommentare alle Positionen zu Wort kommen ließ – ein Blick ins Archiv macht das deutlich. Auch in seinen eigenen Kolumnen hielt er Kurs: Trotz der ihm – sicher nicht ganz abwegig – nachgesagten Nähe zur ÖVP, scheute er sich nie, die Volkspartei zu kritisieren, wenn sie wieder mal der Meinung war, die besser Linkspartei sein zu müssen.

Die Art wie man sich nun eines unliebsamen Publizisten entledigt, wirft natürlich auch ein Licht auf die Protagonisten. Unterberger erfuhr von seiner Absetzung aus den Medien. Wichtig ist zu wissen, dass das alleinige Recht zur Besetzung des Chefredakteurs für die Wiener Zeitung beim Bundeskanzler liegt und der Bestellung Unterbergers eine Ausschreibung vorausging. Damit ist klar: Bundeskanzler Faymann hat einen unangenehmen Chefredakteur handstreichartig ins mediale Ausgedinge geschickt. Nicht gerade die feine Art, auch wenn es nachvollziehbar ist, dass die morgendliche Lektüre der Wiener Zeitung nicht immer für einen erfreulichen Arbeitsbeginn für den Kanzler gesorgt haben wird.

Es bleiben neben den inhaltlichen Spuren Unterbergers auch die großen Verdienste für die Wiener Zeitung übrig. Auch wenn die reine Existenz einer Tageszeitung im öffentlichen Eigentum aus liberaler Sicht problematisch ist, muss man feststellen, dass es Unterberger gelungen ist aus einem eher langweiligen Verlautbarungsorgan eine vollwertige Tageszeitung zu machen, die das Spektrum der österreichischen Qualitätszeitungen bereichert hat – trotz berechtigter Kritik der Konkurrenz, wegen Marktverzerrung auf Grund der Pflichtanzeigen.

Es bleibt zu hoffen, dass Unterberger der heimischen Öffentlichkeit erhalten bleibt. Außer Franz Schellhorn und Christian Ortner gibt es nicht viele liberale Stimmen, die sich nicht einem linken, interventionistischen und marktfeindlichen Mainstream unterordnen.

11 Kommentare »

  1. Inzwischen ist Unterberger bereits hinterrücks abgeschossen und per sofort ausgeschieden. Formal ist der Kanzler dafür allein zuständig und verantwortlich. Gerne wüßte ich, wer wirklich dahintersteckt und wer (als Koalitionspartner) stillschweigend zugestimmt hat. Denn Fayman allein ist für den überfallsartigen Rauswurf des unangenehmen Erfolgreichen politisch viel zu schwach und überdies samt seiner Partei schwer angeschlagen. Und wer hat Druck ausgeübt? Es stand ja vor Monaten seine öffentliche Forderung nach Abberufung in jeder Zeitung.

    Bitte Herr Minar, recherchieren Sie und schreiben Sie darüber.

    Kommentar von Dkfm. Walter Kyral — Oktober 10, 2009 @ 1:59 pm | Antworten

  2. Der Regierungschef bestimmt den Chefredakteur. – Das kannte ich bisher nur von der ‚Prawda‘.

    Kommentar von Thomas Führinger — Oktober 12, 2009 @ 9:28 pm | Antworten

    • Immerhin Amtsblatt der Republik Österreich – daher nicht weiter verwunderlich.

      Kommentar von metepsilonema — Oktober 14, 2009 @ 12:51 am | Antworten

      • Für mich (im Gegensatz zur Meinung von a.u.’s Kollegen, vgl. M.Fleischhacker) sehr wohl verwunderlich und empörend, denn die Wiener Zeitung besteht aus einem redaktionellen Teil und dem ganz deutlich davon getrennten Amtsblatt!

        Kommentar von Michael Twardosz — Oktober 17, 2009 @ 3:56 pm

      • Wenn die Gemeinsamkeiten von Amtsblatt und redaktionellem Teil tatsächlich nur im gemeinsamen Erscheinen liegen, d.h. von staatlicher Seite keine finanzielle oder sonstige Förderung bzw. Teilhabe besteht, dann stellt sich tatsächlich die Frage nach der Rechtfertigung dieser Regelung.

        Aber: Unterberger wusste wohl um diese (theoretische, oder jetzt eben nicht mehr theoretische) Möglichkeit der Neubesetzung, bevor er seine Stelle annahm (sie wurde ja nicht gerade erst eingeführt). Von hier aus besehen kommt das Lamento, auch wenn es gerechtfertigt ist, etwas spät.

        Kommentar von metepsilonema — Oktober 22, 2009 @ 1:07 pm

  3. Endlich ist er weg, der Unterberger!
    Hab seinerzeit die Presse wegen ihm abbestellt und mich wahnsinnig geärgert als er bei der Wiener Zeitung angestellt wurde. Seine arbeitnehmerfeindlichen Ausritte werden mir immer in schlechtester Erinnerung bleiben.
    Gut daß er weg ist, aber trotzdem erhebt sich bei mir die bange Frage wer wohl nachfolgen wird, denn ein Linker ist ebenso schädlich. Ideal wäre ein wertkonservativer Mensch der die Wirtschaft als das sieht was sie zu sein hat: Diener und nicht Herrin der Menschen!

    Kommentar von Silvester Aser — Oktober 13, 2009 @ 9:02 am | Antworten

    • Dr. Unterberger ist genau das, was sie in ihrem letzten Satz als Ideal beschreiben!

      Kommentar von Dkfm. Walter Kyral — Oktober 14, 2009 @ 6:50 pm | Antworten

      • Da kann ich Ihnen nur zustimmen.

        Kommentar von Jürgen Kotzian — Oktober 21, 2009 @ 8:28 pm

    • Ich nehme an, dass Sie selbst sich als wertkonservativen Menschen sehen. Dann ist jedoch sowohl ihr Stil unpassend, als auch Ihre Einschätzung meiner Ansicht nach unzutreffend.
      Bitte verzeihen Sie, falls ich Ihnen zu nahe getreten sein sollte.

      Kommentar von Jürgen Kotzian — Oktober 21, 2009 @ 8:30 pm | Antworten

  4. Lieber Herr Minar!
    Herrn Dr. Unterberger habe ich eigentlich noch nie zur heimischen „Journaille“ gerechnet. Unterberger war/ist für mich genau der, den ich bei der Verwendung des Wortes „Journaille“ geistig immer ausgenommen habe.
    Ansonsten teile ich ihre Einschätzungen. Im Übrigen halte ich Sie für einen Gesinnungs-Katholiken. Wie auch sonst ich der Meinung bin, dass das Christentum die wesentliche und notwendige Voraussetzung dafür ist, dass das Individuum sich überhaupt als frei erfahren kann.
    Alles Gute,
    Jürgen Kotzian

    Kommentar von Jürgen Kotzian — Oktober 21, 2009 @ 8:47 pm | Antworten

  5. Unterberger war nach meinem Wissen der letzte Journalist in Österreich, der nicht im Sinne der neuen Staatsreligion, des vom Menschen verursachten Klimawandels, geschrieben hat. Die Wiener Zeitung war unter seiner Leitung das einzige Blatt, in dem auch Nachrichten über andere Positionen einen Platz hatten. Damit ist Unterberger nicht nur Herrn Faymann unangenehm gewesen, sondern sicher auch den Giebelkreuzlern und deren politischen Freunden, zu denen der Herr Vizekanzler eben auch gehört.

    Kommentar von Rainhard Kloucek — Oktober 23, 2009 @ 1:22 pm | Antworten


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