ICH BIN SO FREI. Freiheit – Verantwortung – Eigentum – Politically Incorrect

Juni 12, 2017

Tote Sozialpartnerschaft? Na und?

Laut Finanzminister Schelling ist die Sozialpartnerschaft tot. Trotzige Reaktionen der Totgesagten waren die raschen Reaktionen. Die Frage ist: Wäre es ein Verlust? Nach üblicher Lesart liegt der große Verdienst dieses weltweit einzigartigen, wenn auch außergesetzlichen Austriacums im weitgehenden Interessensausgleich, der in Österreich zu sozialem Frieden geführt hat, für das uns so viele beneiden. Nun mag das historisch richtig sein, dennoch steht die Frage im Raum, ob sich diese Konstellation der außerparlamentarischen Zusammenarbeit nicht überholt hat.

Wenig neu ist die Kritik der fehlenden demokratischen Legitimation der Sozialpartnerschaft. In Zeiten steigenden Bedürfnisses nach mehr Transparenz und Beteiligung erhält dieses Manko jedoch neues Gewicht. Die Wahlbeteiligungen der Kammern lassen diese Einrichtungen zu gesellschaftlichen Randgruppenerscheinungen verkommen, die nur durch die paternalistische Hand der Zwangsmitgliedschaft am Leben erhalten werden. Ohne sich Illusionen über politische Realitäten der Gewaltenteilung hinzugeben, ist schon die Frage berechtigt, warum weder ein gewähltes Parlament, noch eine Bundesregierung im Stande ist, – beispielhaft – einen tragfähigen Vorschlag zur Flexibilisierung der Arbeitszeit zu erarbeiten, sondern diese Frage an eine in keinem Gesetz stehende Zusammenkunft von Interessensvertretern zu überantworten.

Ganz entscheidend in der aktuellen Beurteilung ist der offenkundige Verlust der Problemlösungskompetenz der Sozialpartnerschaft. Ob diese historisch je existiert hat, sei an dieser Stelle offen gelassen. Ein aktueller Befund lässt einen daran jedenfalls zweifeln. Die ehemaligen Kampfgeschwader der Interessensvertreter haben es sich im Faulbett der politischen Realität derart bequem gemacht, dass außer Akzentverschiebungen und kosmetische Korrekturen nichts mehr möglich scheint. Echte Reformen, weitgehende Änderungen entstehen aber nur dort wo Konflikt besteht. Konflikte verstanden als harte Auseinandersetzungen, wo es auch unversöhnliche Positionen geben kann. Es wurde uns in den Jahrzehnten der brummenden Konjunktur vorgegaukelt, alles sei eins, Unterschiede würden nur als Verhandlungspositionen bestehen, am Ende könnten alle das größere Stück des Kuchens haben. Heute ist der Kuchenteller weitgehend leergefressen, die übrig gebliebenen Krumen geben nichts mehr her. Nun bräuchte es den Mut zu echten Auseinandersetzungen, die hart geführt werden und an deren Ende an den Wahlurnen abgestimmt wird. Streiks, Demonstrationen und Konflikte sind nichts per se Schlechtes, oder gar Undemokratisches. Ganz im Gegenteil: Die größten und wichtigsten Reformen sind historisch so gut wie immer konfliktionär auf den Weg gebracht worden. Nicht zuletzt die Demokratie selbst.

Dies soll keinesfalls als Aufruf zu Randalen verstanden werden. Es geht um ein Ende der politischen Schönwetterillusion, dass jedes Problem konsensual gelöst werden kann, wie weit auch immer Interessen auseinanderliegen mögen, wenn man nur lange genug um einen Tisch sitzt. Es braucht den Mut zu klaren Entscheidungen, auch wenn man damit einzelne Gruppen vor den Kopf stößt. Der Tag der Abrechnung, der politischen Beurteilung ist der Wahltag. Hier hat der Bürger das Recht, über klare Konzepte Gericht zu halten, anstatt an sozialpartnerschaftlich vorverdauten Pseudolösungen zu verzweifeln, wo jeder der Beteiligten die Schuld dem anderen zuschiebt, dass nicht mehr herausgekommen ist.

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